Arbeiten von zuhause aus

«Homeoffice bringt mehr Produktivität»

Das Coronavirus zwingt viele Unternehmen zum Arbeiten im Homeoffice. Dr. Thomas Gaugler, Chief Human Resources & Operating Officer und Laila Ulmann, HR Specialist Marketing und Recruiting von bbv erklären im Interview, weshalb bbv schon vor der Corona-Krise vom Homeoffice überzeugt war – und weshalb andere Unternehmen ebenfalls darauf setzen sollten.

15.10.2020Text: tnt-graphics0 Kommentare
Homeoffice

Die Corona-Krise hat die Arbeitswelt auf den Kopf gestellt. Zahlreiche Unternehmen führten gezwungenermassen Homeoffice ein. Was hält bbv von der Arbeit von Zuhause aus?

Thomas Gaugler: Wir waren dem Thema Homeoffice gegenüber schon immer offen – auch vor Corona. Unseren Mitarbeitenden stand es stets frei, sofern mit den Kundenmandaten vereinbar, halbtageweise oder tageweise von Zuhause aus zu arbeiten. Als IT-Dienstleister war auch unsere Infrastruktur von Anfang an entsprechend eingerichtet. Über 90 Prozent unserer Mitarbeitenden arbeiten mit einem Laptop, wir haben nur sehr wenige Desktop-Stationen.

Laila Ulmann: bbv unterhält vier Büros in der Schweiz. Deshalb waren wir es uns schon immer gewohnt, verteilt zu arbeiten. Der Wechsel von einem unserer vier Schweizer Standorte hin zum Homeoffice war also relativ klein – zumindest aus bbv-Sicht. Da unsere Fachkräfte primär bei den Kunden vor Ort im Einsatz sind, waren unsere Möglichkeiten allerdings etwas eingeschränkt. Verständlicherweise bestimmt der Kunde, ob unsere Mitarbeitenden auch von Zuhause aus auf ihr Netzwerk zugreifen dürfen oder nicht. Wir haben uns für unsere Fachkräfte immer etwas mehr Homeoffice gewünscht, als tatsächlich möglich war.

Haben Sie durch die Corona-Krise nun eine Veränderung auf Kundenseite feststellen können?

Ulmann: Absolut, ja. Dadurch waren wir aber auch etwas verunsichert: bbv-Fachkräfte, die stets beim Kunden vor Ort tätig waren, mussten nun von Zuhause aus arbeiten. Wir wussten nicht, ob dieser Übergang wirklich glückt. Erstaunlicherweise verlief er völlig reibungslos. Unsere Mitarbeitenden wechselten quasi von heute auf morgen ins Homeoffice. Abgesehen von einigen wenigen, die in sicherheitskritischen Kundenmandaten arbeiteten und deshalb immer noch zum Kundenstandort gehen mussten.

Gaugler: Das kann ich nur unterstreichen. Sowohl bei der technischen Migration als auch auf Projektseite gab es keine grösseren Verzögerungen oder sonstige Schwierigkeiten. So gesehen war es eine sehr positive Erfahrung. Ich denke, vor allem die Dynamik der Kunden und in den Teams haben das ermöglicht. Unsere Kunden waren ja selber gezwungen, ins Homeoffice zu gehen – und sahen dann, dass dies auch mit bbv möglich war. Zudem war und ist die Corona-Krise eine Art Compelling Event. In solch einer Situation gibt es keinen Raum für Zweifel. Dieses Unvermeidbare hat sicher auch dazu beigetragen, dass der vollständige Wechsel ins Homeoffice so gut geklappt hat.

Thomas Gaugler, Chief Human ­Resources & Operating Officer bei bbv.
Thomas Gaugler, Chief Human ­Resources & Operating Officer bei bbv.

 

 

Mussten die bbv-Mitarbeitenden auf die veränderte Arbeitsweise vorbereitet werden, sei es durch bbv selbst oder ihre Kunden?

Gaugler: Die Vorbereitung aufs Homeoffice ist auch aus Führungssicht eine Herausforderung. Wir im Management-Team haben uns schon sehr früh damit auseinandergesetzt und auch viel häufiger den persönlichen Kontakt zu den Mitarbeitenden gesucht. Wir als Unternehmen wie wohl die gesamte Gesellschaft müssen herausfinden, was man über elektronische Kanäle kompensieren kann und was nicht. Ohne persönlichen, spontanen Kontakt ist es unter Umständen schwierig abzuschätzen, ob es den Mitarbeitenden gut geht oder nicht.

Ulmann: Aus diesem Grund haben wir auch versucht, Vor-Ort-Events wie der freitägliche Apéro ins Homeoffice zu verlagern bzw. virtuell durchzuführen. Dazu haben wir während des Lockdowns auch Snack-Pakete an die Mitarbeitenden nach Hause geschickt. Nach den monatlichen Staff-Meetings war jeder dazu eingeladen, mit seinem Proviantpaket am Apéro teilzunehmen. Auch Schutzmasken haben wir ihnen zugeschickt, sollte es wieder zu mehr Pendlereien kommen. Ich denke, solche Begleitmassnahmen sind enorm wichtig, um den Kontakt auch aus Distanz aufrechtzuerhalten.

Gaugler: Zusätzlich zu diesen Mitteln haben wir Kanäle geschaffen, über die sich die Mitarbeitenden zu ihren Erfahrungen und Herausforderungen in puncto Homeoffice austauschen können. Ergänzend dazu haben wir auch Tipps und Tricks kommuniziert, die den Mitarbeitenden das Arbeiten von Zuhause aus erleichtern sollten: Mache regelmässig Pausen, strukturiere deinen Tag, ziehe dich auch zuhause zum Arbeiten ordentlich an. Die Vorbereitung aufs Homeoffice beginnt ja schon bei solch profanen Dingen.

Wurden diese Kanäle von den bbv-Mitarbeitenden rege genutzt?

Gaugler: Ich glaube, am Anfang wurden sie recht oft genutzt. Mit der Zeit scheint es aber etwas abgenommen zu haben. Aber das muss nichts heissen. Auch wenn wir nicht alles mitverfolgen konnten, denke ich, dass durchaus auch ein Erfahrungsaustausch unter den Mitarbeitenden stattgefunden hat – was wir uns ja auch erhofft hatten.

Ulmann: Aus eigener Erfahrung glaube ich auch, dass sich die Leute unabhängig von den neuen Chats selber organisiert haben. Wir im HR-Team haben uns immer wieder mal im Web-Meeting zur Kaffeepause getroffen und uns ausgetauscht.

Gaugler: Was den arbeitsbezogenen Austausch angeht, kann ich das sogar mit Zahlen untermauern. Die Anzahl Stunden für unsere Community-Treffen  – also Treffen von abteilungsübergreifenden Fachgruppen – hat im Homeoffice deutlich zugenommen. In den letzten sechs Monaten war das doch eine relevante Grösse von mehreren hundert Stunden, die mehr in diese virtuellen Treffen investiert wurden. Vor dem Lockdown war dazu der persönliche Austausch vor Ort üblich; heute sagen einige Community Leaders, dass es nun viel einfacher sei, einen Termin für ein- oder zweistündige Treffen zu finden, weil die gesamte Logistik rund um Terminfindung, Raumreservationen und Anreise praktisch wegfällt. Die Eintrittshürde ist bei virtuellen Meetings viel kleiner.

Laila Ulmann, HR Specialist Marketing und Recruiting bei bbv.
Laila Ulmann, HR Specialist Marketing und Recruiting bei bbv.

 

 

Welche positiven Effekte brachten die letzten Monate für bbv sonst noch mit sich?

Ulmann: Natürlich haben unsere Mitarbeitenden auch die wegfallenden Reisezeiten sehr geschätzt. Dadurch gewannen sie deutlich an Flexibilität. Wir haben das auch gemerkt: Die Anzahl produktiver Arbeitsstunden hat in den letzten Monaten klar zugenommen. Das ist zwar schön, gleichzeitig aber auch eine Herausforderung. Wir haben immer wieder thematisiert, wie die klare Trennung zwischen Arbeit und Freizeit umgesetzt und beibehalten werden kann. So wie ich das sehe, haben das die meisten bbv-Mitarbeitenden ähnlich empfunden: Am Anfang war jeder froh ums Homeoffice, weil man so mehr Zeit für sich und seine Familie gewann; als das Arbeiten von Zuhause aus aber langsam zur Normalität wurde, waren wahrscheinlich alle damit gefordert, ihre Arbeits- und Freizeit genau zu strukturieren.

Gaugler: Ich sehe das gleich. Genau das macht ja das Homeoffice so attraktiv: Es bringt mehr Produktivität ins Arbeits- und ins Privatleben, ohne mühsame Reisewege. Dennoch glaube ich: Würde bbv vollends aufs Homeoffice setzen, wäre doch eine gewisse Skepsis vorhanden. Homeoffice ist für uns eine Option, die man nutzen kann – wenn man möchte, so haben wir dies auch in unseren Homeoffice Guide geregelt. Wir halten aber immer noch an unseren Büros fest, die auch während des Lockdowns und danach, nach wie vor für jeden offen und mit entsprechenden Schutzkonzepten und -massnahmen nutzbar sind.

Am Homeoffice wird ja oft bemängelt, dass man nicht wisse, ob die Kolleginnen und Kollegen wirklich arbeiten oder nicht …

Ulmann: Dieser Kontrollaspekt steht für mich überhaupt nicht im Zentrum. Schon vor dem Lockdown konnte ich nicht von jedem wissen, ob er oder sie wirklich arbeitet, da wir ja an verschiedenen Standorten tätig sind. Ich glaube, unsere Mitarbeitenden sind intrinsisch motiviert, Gutes zu leisten – für unsere Kunden und letztlich auch für bbv. Da macht es keinen Unterschied, ob sie im Büro, beim Kunden vor Ort oder bei sich zuhause im Arbeitszimmer sitzen. Vielleicht hängt das auch mit dem Qualifikationsniveau unserer Mitarbeitenden zusammen, das enorm hoch ist.

Gaugler: Richtig. Bei uns ist das Eintrittsticket ein Hochschulstudium. Bei uns arbeiten äusserst qualifizierte Mitarbeitende, die ich als «Wissensarbeiter» bezeichne. Und das ist der springende Punkt: Wie kontrolliere ich, ob jemand im Denken gute Arbeit leistet? Ich kann zwar die Zeilen Code zählen, die jemand geschrieben hat – oder die Anzahl Wörter in einem Artikel. Das sagt aber nur bedingt etwas darüber aus, ob es sich um gute Software oder um einen guten Text handelt. Wir versuchen, Qualität über Prozesse, Haltung und Kultur zu etablieren. Das heisst konkret: Kontrolle steht nicht im Vordergrund.

Was kann bbv tun, um die Arbeit von Zuhause aus noch reibungsloser zu gestalten?

Gaugler: Gute Frage. Ich glaube, unsere Kunden sind der Schlüssel dazu. Für viele war Homeoffice ein Unding – diese Meinung hat sich durch die Corona-Krise wohl doch etwas geändert. Dieser Mythos, dass nur arbeitet, wer physisch vor Ort präsent ist, verschwindet langsam. Ich glaube, viele unserer Kunden haben hier den «Tipping Point» überwunden und das Vertrauensverhältnis auf eine andere Ebene gestellt. Man hat jetzt einen Proof-of-Concept erlebt, der die Vorteile für beide Seiten vor Augen geführt hat.

Ulmann: Viele Firmen haben erlebt, wie es ist, wenn alle oder der Grossteil der Belegschaft von zuhause aus arbeiten muss. Genau das ist elementar für ein erfolgreiches Homeoffice: Es muss unbedingt ganzheitlich angegangen werden. Wenn nur einzelne von Zuhause aus arbeiten, ein Unternehmen aber sonst vollends auf die Büroarbeit ausgelegt ist, können die Mitarbeitenden im Homeoffice in ein Abseits geraten.

Der Experte

Thomas Gaugler

Dr. Thomas Gaugler ist Teil der bbv-Geschäftsleitung und als Chief Human Resources & Operating Officer (CHROO) tätig. Der promovierte Wirtschaftsinformatiker ist mit den vielfältigen Herausforderungen der digitalen Transformation bestens vertraut und verfügt über ein vertieftes Know-how im Technologiemanagement und in der Industrialisierung von Dienstleistungen inklusive Outsourcing sowie in Business und Process Engineering.

Die Expertin

Laila Ulmann

Laila Ulmann war von 2014 bis Ende 2021 für bbv tätig. Nach dem Master in Betriebswissenschaften an der Uni Zürich startete sie als Praktikantin bei bbv und war für mehr als vier Jahre verantwortlich für das Personalmarketing und die Rekrutierung im Unternehmen. Ihr Ziel, die HR-Expertise bei bbv stets weiterzuentwickeln, verfolgte sie mit grossem Ehrgeiz und verschiedenen Massnahmen.

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